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Nachhaltige Verstärkung für E-Bike-Batteriegehäuse
Als Anbieter mobiler Energielösungen legt die Ansmann AG aus Assamstadt auch Wert auf Nachhaltigkeit. Im Projekt BioBattery, das mit dem Innovationspreis Bioökonomie Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde, entwickelte das Unternehmen zusammen mit dem Fraunhofer LBF in Darmstadt ein naturfaserverstärktes Kunststoff-Komposit zur Verwendung in Akkugehäusen für E-Bikes.
Wiederaufladbare Lithium-Ionen-Akkumulatoren (Li-Ion-Akkus) sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aufgrund ihrer hohen Energiedichte kommen sie in einer Vielzahl an tragbaren Geräten zum Einsatz, wie beispielsweise Mobiltelefonen, Kameras oder Notebooks, aber auch in Werkzeugen wie Akkuschraubern oder elektrischen Gartengeräten. Ihr Vorteil gegenüber Nickel-Cadmium- oder Nickel-Metallhydrid-Akkus ist die geringe Selbstentladung und der fehlende Memory-Effekt: Das heißt, sie können ohne Leistungs- und Kapazitätsverlust immer wieder aufgeladen werden. Allerdings reagieren sie empfindlich auf extreme Temperaturen. Optimal für eine lange Haltbarkeit ist der Einsatzbereich zwischen 5 °C und 45 °C.
Verschärfte Normen für den Akku-Transport
Da Li-Ion-Akkus bei Überhitzung oder Beschädigung leicht brennbar sind, unterliegen sie dem Gefahrgutrecht, das weltweit die Beförderung gefährlicher Stoffe regelt. Akkugehäuse werden deshalb mithilfe des UN 38.3 Tests zertifiziert, der unterschiedlichste Transportbedingungen wie Temperaturschwankungen oder Höhenunterschiede simuliert und die Belastbarkeit gegenüber Druck, Quetschungen, Schwingungen oder Aufprall aus der Höhe überprüft. Die seit Januar 2020 geltende Verschärfung der Normen führte dazu, dass viele gängige Kunststoffgehäuse die Vorgaben für die mechanischen Eigenschaften nicht mehr erfüllen und angepasst werden müssen. Eine Möglichkeit hierfür ist die Umstellung auf Metall (vorwiegend Aluminium) als vorherrschendes Material, was allerdings in den meisten Fällen eine Gewichtszunahme sowie höhere Kosten zur Folge hat.
Die Firma Ansmann AG aus Assamstadt geht einen anderen Weg: „Um die gestalterischen Möglichkeiten zu erhalten, wollen wir unsere Akkugehäuse aus Kunststoff so modifizieren, dass die neuen Normen erfüllt werden können“, erläutert Alfred Bergold, der die Forschungsprojekte in der Abteilung Innovations- und Technologiemanagement betreut. Ansmann ist einer der Weltmarktführer im Bereich hochwertiger Ladetechnologien mit einem großen Produktionsstandort in Deutschland und weiteren Niederlassungen in Großbritannien, Frankreich, Schweden, Hongkong und China. Das Unternehmen bietet sowohl Produkte direkt für die Konsumierenden, wie beispielsweise Powerbanks, Ladegeräte oder Taschenlampen, als auch individuelle Industrielösungen für größere Geräte für Haus und Garten sowie im Bereich der Medizintechnik an. „Da wir kein Massenhersteller sind und eher kleinere Stückzahlen haben, fertigen wir hauptsächlich Kunststoffgehäuse mittels Spritzgusstechnik an. Dies erlaubt es uns, flexibel auf geänderte Anforderungen zu reagieren“, beschreibt der Technische Betriebswirt die Vorteile des mittelständischen Unternehmens.
Naturfaserverstärkter Kunststoff zur Stabilisierung
Aktuell wird eine Verbesserung der mechanischen Stabilität von Kunststoffen vorwiegend durch die Einbindung von Carbonfasern erreicht. Um eine nachhaltige Alternative zu diesen fossilbasierten Werkstoffen zu entwickeln, kooperierte Ansmann eng mit dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt. In dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) geförderten Projekt BioBattery wurde die Verwendung von Naturfasern zur Verstärkung des Kunststoffs am Beispiel des Leichtbaugehäuses für eine Li-Ion-Batterie für E-Bikes erforscht. Nach ersten Untersuchungen fiel die Entscheidung auf Flachs, da dieser im Vergleich zu Hanf, Sisal oder auch Ramie den Temperaturen während der Verarbeitung am besten standhält und die Fasergewebe zudem längerfristig in gleichbleibender Qualität erhältlich sind.
Unter Leitung der Diplom-Ingenieurin Shilpa Khare wurden die am Fraunhofer LBF bestehenden technischen Prozesse so angepasst und erweitert, dass das Flachsgewebe in einem kontinuierlichen Verfahren mithilfe von Polyolefin-Schmelzklebstoffen imprägniert und zu dünnen (< 1 mm) Kunststoff-Komposit-Platten verarbeitet werden konnte. Aus diesen sogenannten Organoblechen entstanden dann bei Ansmann Einlegeteile, die in Zusammenarbeit mit der Firma Dürr Kunststofftechnik aus Schöntal in die dort aus Polypropylen (PP) gefertigten Gehäuseblenden integriert wurden. Während dieser Prozedur traten allerdings leichte Verformungen der Bauteile auf, die durch Änderung der Prozessparameter bzw. Geometrie der Einlegeteile noch weiter optimiert werden sollen. Die produzierten Musterteile wurden schließlich in Gehäuse für E-Bike-Akkus eingebaut.
Untersuchungen am Fraunhofer LBF zeigten, dass die aus naturfaserverstärktem Kunststoff (NFK) hergestellten Blenden im Vergleich zum reinen PP-Bauteil um ca. 30 Prozent verbesserte mechanische Eigenschaften besitzen und somit die neuen Normen erfüllen. Zudem sind sie um fast 15 Prozent leichter als die derzeit verwendeten Blenden aus ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer); ein positiver Aspekt vor allem für mobile Anwendungen. Verglichen mit Carbonfasern ist der CO2-Abdruck der inkorporierten Naturfaser um 75 Prozent geringer und das Recycling in Form von thermischer Verwertung (Verbrennung) einfacher.
Ausgezeichnete Entwicklung
Für die Entwicklungen im Rahmen des Projekts BioBattery erhielt die Ansmann AG den Zukunftspreis des Main-Tauber-Kreises und wurde im November 2021 mit dem Innovationspreis Bioökonomie Baden-Württemberg ausgezeichnet. „Das Batteriegehäuse ist allerdings noch nicht marktreif, und die Anlage zur Herstellung der Organobleche am Fraunhofer LBF müsste für die industrielle Serienfertigung angepasst werden“, relativiert Bergold die Ergebnisse. „Auch die Verbindung des Einlegers mit dem PP-Bauteil muss noch optimiert werden, sodass keine Verformungen mehr auftreten.“ Das Verfahren soll aber bereits jetzt für Neukonstruktionen genutzt werden, bei denen kein Verzug zu erwarten ist. Zusätzlich sind weitere Material- und Gehäuseentwicklungen auf der Basis von biobasierten Kunststoff-Kompositen in Planung.