Im Rahmen zweier Projekte zwischen Fraunhofer (Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal, und Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, Stuttgart), der Hochschule Karlsruhe und der Jomo-Kenyatta Universität für Landwirtschaft und Technologie (JKUAT) fanden in der Woche vom 16. bis 20. Mai 2022 intensive Gespräche mit Firmen, Behörden, Fördergeldgebern und Wissenschaftlern im Großraum Nairobi, Kenia, statt.
In den Projekten Renen Afrika und NexusHub werden Systeme und Technologien für den Einsatz von erneuerbaren Energien, Batteriespeichern und Hydroponik in Kenia gemeinschaftlich entwickelt und über den Aufbau von Kapazitäten, Know-how, Demonstratoren und Infrastruktur zur Anwendung gebracht. Beide Projekte verfolgen das Ziel, Vorarbeiten für Folgeprojekte zu liefern, welche zusammen mit den Projektpartnern in Kenia beantragt und umgesetzt werden sollen. Dazu soll eine an das deutsche Wissenschaftssystem als Vorbild angelehnte Forschungs- und Entwicklungsstruktur etabliert werden, die es ermöglicht, das Wissen aus den Universitäten in Kooperationen mit Firmen und weiteren Stakeholdern, insbesondere auch in Abstimmung der Bedarfe der Bevölkerung, in Anwendungen und Produkte zu überführen. Die Themen Ernährungssicherung, Gesundheit, Produktion und Wohnen stehen ganz oben auf der Agenda Kenias. Ausgerichtet werden diese Themen streng an der sogenannten Sustainable Development Goals (SDG), also anhand der 17 Ziele für nachhaltigen Entwicklung gemäß der Definition der UN.
Energieautarke und wassersparende Produktion von Feldfrüchten in Hydroponik-Systemen
Konkret wird an den Themen zu nachhaltigen, energie- und wassereffizienten Technologien zur Verbesserung der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse gearbeitet. Auf Basis der Fähigkeiten an der JKUAT soll insbesondere der Bereich Hydroponik zur wasser- und ressourcenschonenden Erzeugung von Feldfrüchten ohne Erde, unter Verwendung von Nährlösungen, ausgebaut werden. Einen weiteren Forschungs- und Entwicklungsbereich bieten (automatisierte) PV-betriebene Gewächshäuser sowie die Ergänzung der Energieversorgung durch Energiespeicher und die Modellierung und Auslegung von Systemen zur autarken Versorgung in Minigrids, die insbesondere in den großen, ländlichen Bereichen Kenias (und Ostafrikas) betrieben werden können. Die Wertschöpfung der Forschungs- und Entwicklungskette soll überwiegend durch kenianische Firmen und Institutionen geleistet werden. Mit Schulungs- und Verbreitungsmaßnahmen werden die Systeme durch lokale Partner vor Ort entwickelt, aufgebaut, betrieben, überwacht und gewartet.
Zur Stärkung dieser Fähigkeiten an der JKUAT findet im Juni eine drei-wöchige Summerschool für 12 Teilnehmende aus Kenia bei den drei Forschungspartnern in Deutschland statt. Neben den fachlichen Schwerpunkten werden auch die Bereiche Geschäftsentwicklung, Anbahnung, Entwicklung und Akquisition von Gemeinschaftsprojekten zwischen Forschungseinrichtungen, Industriefirmen und Verbänden, Behörden und Kommunen geschult.
Die beteiligten Partner erhoffen sich eine lang andauernde erfolgreiche Projektzusammenarbeit zu den für den afrikanischen Kontinent so wichtigen Themen der nachhaltigen und ressourcenschonenden Ernährungssicherung und dem Ausbau der Wertschöpfung und von Arbeitsplätzen in Afrika.
NexusHub – Konzeption eines Water-Energy-Food Nexus
Im Projekt NexusHub, in dem energieautarke Hydroponiksysteme für den afrikanischen Markt entwickelt werden, ist das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB aktiv beteiligt. Um diese Systeme kommerziell im afrikanischen Markt zu verankern, ist es geplant, diese an bereits vorhandenen Mobilfunkstationen von Telekommunikationsprovidern aufzubauen und beides in die neuen regenerativen Energiekonzepte zu integrieren. Im Projekt kümmert sich das Fraunhofer ICT um die Auslegung der Energieinfrastruktur. Das Fraunhofer IGB entwickelt Konzepte für den Aufschluss von Nährstoffen aus lokal verfügbaren Ressourcen, um Importe teurer mineralischer Dünger zu vermeiden. Die Partner der JKUAT entwickeln Arduino-basierte Steuerungen für das Hydroponik-System. Das Projekt NexusHub wird von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung gefördert.
Im speziellen wird am Fraunhofer IGB die Frage verfolgt, inwieweit sich aus nährstoffreichen organischen Reststoffen, beispielsweise Essensabfällen und Tiermist, mittels biologischer Prozesse eine Nährstofflösung erzeugen lässt, die in dem hydroponischen System zur Versorgung der Pflanzen verwendet werden kann und damit für ein optimales Pflanzenwachstum sorgt. Ziel der Prozessentwicklung ist, möglichst alle in den Reststoffen vorhandenen Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar zu machen. Die Versuche sollen nicht nur am Fraunhofer IGB in Deutschland, sondern auch am JKUAT in Kenia stattfinden. Der Fokus liegt dabei vor allem auf einem Aufbau, der sich durch lokale Stoffe auch in den ländlichen Gegenden Kenias realisieren lässt. Um dies zu erreichen, besuchte die Delegation unter anderem kommerzielle Hydroponik-Bauern als auch Verkäufer und Bildungseinrichtungen in Nairobi und Umgebung.