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Die Landesgartenschau blickt in die Zukunft
Wie kann das Leben in einer nachhaltigen Bioökonomie aussehen? Wie werden unsere Gebrauchsgegenstände, Nahrungsmittel und Baustoffe in Zukunft produziert? Diese Fragen beantwortete die BIOPRO Baden-Württemberg auf der diesjährigen Landesgartenschau in Überlingen und lud Mitte Juli für zwölf Tage zur Ausstellung „Schaufenster in die Zukunft – Leben in einer nachhaltigen Bioökonomie“ ein.
Die Besucher erwarteten spannende Informationen sowie anschauliche Praxisbeispiele – denn es steckt heute bereits viel mehr Bioökonomie im Alltag, als uns oft bewusst ist. Präsentiert wurden bereits am Markt verfügbare Produkte, aber auch Entwicklungen, die kurz vor der Umsetzung stehen. Vom Forschungsprojekt über das Produktionskonzept bis hin zum fertigen Produkt war für jedes Interessensgebiet etwas geboten.
Aber warum ist es überhaupt wichtig und interessant, sich mit dem Thema Bioökonomie zu beschäftigen, unter dem sich die meisten Besucher erstmal so gar nichts vorstellen konnten? Bioökonomie ist ein Kunstbegriff, der – vereinfacht gesagt – aussagt, dass eine zukunftsfähige Ökonomie die Prinzipien der Biologie beherzigen muss. Dabei kann die Biologie sowohl im Rohstoff „Pflanze“ stecken wie auch in Prozessen oder Verfahren, für die biologische Bausteine, wie zum Beispiel Enzyme, oder Verfahren, wie beispielsweise eine Umwandlung von CO2 in Biomasse durch Algen, eingesetzt werden können.
Und genau das hat die Ausstellung vor schönster Bodensee-Kulisse im Treffpunkt Baden-Württemberg anhand von alltagsbezogenen Themen mit einer Vielfalt von Exponaten und Partnern gezeigt. Dabei war der Ansatz immer der gleiche: Kreislaufinspiriert sollen die Verfahren und Produkte sein, Lücken schließen und Reststoffe verwerten. Von der Lebensmittelwirtschaft über die Verfahrenstechnik bis hin zur Baustoffindustrie wurden Beispiele aus den verschiedensten Sektoren für das Publikum eingängig und nachvollziehbar präsentiert. Doch nicht nur die Projekte waren grundlegend unterschiedlich, auch deren Teams kommen aus den vielfältigsten Strukturen, von der Universität über das Start-up, bis hin zum etablierten KMU – jeder kann seinen Teil zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen. Eines einte sie aber alle, der Bezug zur nachhaltigen Bioökonomie und zu Baden-Württemberg als Standort für eine zukunftsfähige und nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft.
Die Besucher konnten beim maßstabsgetreuen Modell der Versuchsstation „Unterer Lindenhof“ erfahren, wie die Landwirtschaft nicht nur hochwertige Lebensmittel produziert, sondern aus ihren Rest- und Abfallstoffen eine neue Rohstoffbasis für die Industrie entsteht. Das Modell wurde vom Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe der Universität Hohenheim zur Verfügung gestellt.
Das Unternehmen Out Nature präsentierte Verpackungsmaterialien, die aus der Nutzpflanze „Durchwachsene Silphie“ bestehen. Diese baut durch die mögliche Doppelnutzung, sowohl als Energie- als auch Faserpflanze, die Brücke zwischen der energetischen und stofflichen Nutzung regionaler Ressourcen.
Was Funktionstextilien mit Bioökonomie zu tun haben, führte wiederum der lokale Textil- und Sportartikelhersteller VAUDE vor. Das präsentierte Textilfärbeverfahren auf Basis von Reststoffen der Lebensmittelindustrie lieferte einen anschaulichen Einblick in die Bioökonomie im Alltag. Oft dort, wo man sie nicht vermuten würde.
Das Stuttgarter Start-up Zero Bullshit Company dagegen machte den Besuchern Appetit auf „gerettete“ Lebensmittel, gerettet im bioökonomischen Sinne durch den Ansatz einer möglichst hochwertigen Verwertungskaskade für anfallende Seitenströme in der Lebensmittelproduktion. Ebenfalls in den Bereich des Alltags fiel die Präsentation des Rhizo-Linsen-Konsortiums. Dieses hat sich die Förderung des Anbaus von heimischen Alblinsen auf die Fahne geschrieben. Aber auch für den schwäbischen Hausbauer war etwas dabei: Die typha technik Naturbaustoffe stellte in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik einen nachhaltigen Dämmstoff aus Rohrkolben vor. Der eine oder andere Besucher mag sich anschließend die Frage gestellt haben, ob auch der Schilfrohraufwuchs am Seeufer dafür geeignet sein könnte. Die optische Ähnlichkeit war zumindest nicht zu leugnen.
Mehr aus dem Bereich der Zukunftsmusik waren dagegen die vorgestellten Projekte der Universität Freiburg und der Hochschule Rottenburg: Die Gruppe um die Rottenburger Forscher entwickelt biobasierte und bioabbaubare Wuchshüllen für Jungbäume, während der Lehrstuhl für forstliche Biomaterialien der Universität Freiburg an der Konversion von forstlichen Biomassen zu Materialien für den 3D-Druck arbeitet. Um die auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Ansätze und Produkte den Besuchern auch in einem größeren Zusammenhang zu erläutern, rundete ein begleitender Vortrag zu den Ausstellungsinhalten die Gesamtpräsentation vor Ort ab. Wir danken den Organisatoren des Treffpunkts Baden-Württemberg für die großartige Ausstellungskulisse und freuen uns auf das nächste Jahr.
Die Ausstellung wurde gefördert durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg.