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Grüne Gentechnik: Mit der molekularen Schere den Traum von Mendel verwirklichen
Der Molekularbiologe Professor Holger Puchta vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erhält für eine Arbeit zur gezielten Restrukturierung von Pflanzengenomen eine Förderung in einem Reinhart Koselleck-Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Als Pionier der Grünen Gentechnik setzt Puchta seit 30 Jahren molekulare Scheren bei Pflanzen ein. Das neue Projekt zielt darauf, mithilfe der CRISPR/Cas-Methode Gene in Kulturpflanzen frei zu kombinieren – und damit den Traum von Gregor Mendel zu verwirklichen. Wichtig ist dies auch, um landwirtschaftliche Nutzpflanzen künftig besser an die globale Erwärmung anpassen zu können.
Der Vater der Vererbungslehre, Gregor Mendel (1822-1884), glaubte, dass alle Eigenschaften von Pflanzen frei miteinander kombinierbar seien. Inzwischen ist bekannt, dass bestimmte Merkmale gemeinsam vererbt werden, weil die sie codierenden Gene auf demselben Chromosom liegen. Doch mit der modernen molekularen Schere CRISPR/Cas lassen sich genetische Informationen in Pflanzen gezielt verändern. Die Gruppe von Holger Puchta, Professor für Molekularbiologie am Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT, zeigte kürzlich als Erste, dass sich so nicht nur einzelne Gene, sondern auch ganze Chromosomen verändern lassen. Für die Etablierung von Techniken zur gezielten Restrukturierung von Pflanzengenomen erhält Puchta nun eine Förderung in einem Reinhart Koselleck-Projekt der DFG. Das Projekt zielt darauf, Gene in Kulturpflanzen frei zu kombinieren und damit den Traum von Gregor Mendel zu verwirklichen.
„Die Arbeiten von Holger Puchta sind wegweisend und tragen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bei“, sagt der Vizepräsident Forschung des KIT, Professor Oliver Kraft. „Wir sind sehr stolz, dass er für seine herausragende Forschung, für die er bereits zwei Advanced Grants des Europäischen Forschungsrats ERC erhalten hat, nun als einer der ersten Pflanzenwissenschaftler überhaupt eines der selten vergebenen Reinhart Koselleck-Projekte eingeworben hat.“
Reinhart Koselleck-Projekt zielt auf gezielte Optimierung von Kulturpflanzen
Angesichts der globalen Erwärmung benötigen jetzige Kulturpflanzen mehr Land, mehr Wasser und mehr Dünger. „Die molekulare Schere kann Pflanzen so verändern, dass sie mit Hitze besser zurechtkommen. Zudem kann die CRISPR/Cas-Methode Pflanzen resistenter gegen Krankheiten und Schädlinge machen. Dies ermöglicht, den Einsatz von Pestiziden zu verringern“, erklärt Puchta. Die Bezeichnung CRISPR/Cas steht für einen bestimmten Abschnitt auf der DNA (CRISPR – Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) sowie ein Enzym (Cas), das diesen Abschnitt erkennt und die DNA passgenau schneidet. Dadurch ließen sich bereits einzelne Merkmale von Kulturpflanzen verbessern. Das Reinhart Koselleck-Projekt von Holger Puchta schöpft das Potenzial der Methode weiter aus und zielt darauf, Pflanzengenome auf verschiedenen Ebenen gezielt zu restrukturieren: Indem sie die Anordnung der Gene auf Chromosomen verändert, ermöglicht die molekulare Schere, Eigenschaften von Pflanzen frei zu kombinieren. „So können Kulturpflanzen mehrere erwünschte Eigenschaften, wie beispielsweise Hitze- und Salzresistenz, gemeinsam vererben“, erklärt Puchta. Langfristig werde es damit für die Pflanzenzüchtung leichter werden, den gesamten Genpool einer Spezies zu nutzen und Kulturpflanzen gezielt zu optimieren.
Das Vorhaben ist auf fünf Jahre ausgelegt und wird mit insgesamt 1,22 Millionen Euro gefördert. Bei den Reinhart Koselleck-Projekten handelt es sich um die höchstdotierte Exzellenzförderung der DFG für Personen. Die Förderung ermöglicht Forschenden, die sich durch besondere wissenschaftliche Leistungen hervorgetan haben, hochinnovative oder im positiven Sinn risikobehaftete Projekte durchzuführen.
Genschere kann den Prozess natürlicher Veränderungen im Genom beschleunigen
Puchta begrüßt, dass die EU-Kommission den Umgang mit Genome Editing-Methoden, wie CRISPR/Cas, in der Pflanzenzüchtung neu regeln will: Nach einem kürzlich vorgestellten Gesetzentwurf sollen mithilfe von Genome Editing entstandene neue Pflanzensorten unter bestimmten Bedingungen konventionell gezüchteten Pflanzen gleichgestellt werden. „Dies ist aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll, denn beim Genome Editing wird kein fremdes Erbgut eingebracht“, erklärt der Molekularbiologe. „Stattdessen werden gezielte und begrenzte Veränderungen vorgenommen. Genscheren wie CRISPR/Cas können den langsamen Prozess natürlicher Veränderungen im Genom beschleunigen, was gerade angesichts des Klimawandels enorme Chancen eröffnet.“