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Künstliche Intelligenz ökologisch ausrichten
Der Vorschlag des Europäischen Parlaments für die Verordnung zur künstlichen Intelligenz kann als eine sozial-ökologische Wende gegenüber dem bisherigen Gesetzentwurf der EU-Kommission verstanden werden: Der Entwurf des Parlaments sieht eine ganze Reihe von umwelt- und klimaschutzbezogenen Regelungen vor, die aus Sicht des Öko-Instituts technisch umsetzbar und praktikabel sind. In einem Policy Paper hat das Öko-Institut diese Vorschläge untersucht. Um die umwelt- und digitalpolitischen Ziele der Europäischen Union zu erreichen, sollten alle vorgeschlagenen Regeln vollständig umgesetzt werden.
Umweltauswirkungen berücksichtigen
Die Diskussion über die ethischen und gesellschaftlichen Risiken von künstlicher Intelligenz (KI) konzentriert sich bislang auf existenzielle Bedrohungen und Risiken wie Beschäftigungsverlust oder Diskriminierung. Folgen der neuen Technologien für Klima und Umwelt werden noch zu wenig gesehen. Dabei benötigen KI-Anwendungen enorme Mengen an Energie, um trainiert und betrieben zu werden. Der Ressourcenbedarf und die Entsorgung ihrer Hardware können erhebliche Umweltauswirkungen haben. Zunehmend beschreibt die Wissenschaft auch die Konsequenzen sogenannter indirekter Effekte: Dabei handelt es sich um vielleicht kaum erkennbare Fehlsteuerungen, die in alltäglich genutzten Anwendungen auftreten können und die in der Summe Klimawandel und Umweltzerstörung verstärken und beschleunigen. So wird unter anderem beschrieben, dass der Einsatz von KI-Systemen zu einem übermäßigen Einsatz von Stickstoffdünger in der Landwirtschaft führen kann. Solche Dynamiken können im Nachhinein möglicherweise kaum rückgängig gemacht werden. Der Parlamentsentwurf will solchen Erkenntnissen gerecht werden: „Das Parlament misst KI-Systemen nicht nur eine potenziell große Bedeutung für die nachhaltige Transformation zu, sondern erkennt auch ein erhebliches Risikopotential für die Umwelt, aber auch für Demokratie sowie Rechtsstaatlichkeit an. Das ist ein richtiger und wichtiger Schritt, der sich hoffentlich in den Ergebnissen des laufenden Trilog-Prozesses über die KI-Verordnung niederschlägt,“ so Dr. Peter Gailhofer, Jurist beim Öko-Institut.
Im Parlamentsmandat sieht die KI-Verordnung Pflichten vor, wie direkten umweltbezogenen Risiken begegnet werden kann. So muss der Energie- und Ressourcenverbrauch ermittelt und protokolliert werden. Auch weitere, absehbare Risiken für die Umwelt müssen analysiert und verringert werden. Aus Umweltsicht bleiben allerdings Lücken: Auch der Parlamentsvorschlag legt unabhängig von ökologischen Kriterien fest, welche Systeme unter die Regulierung fallen. „So sollen nun zwar Umweltrisiken analysiert und gemindert werden, allerdings bezüglich Systemen, die keine besonderen ökologischen Risiken mit sich bringen. Besonders umweltsensible Systeme bleiben dagegen außen vor“, sagt Gailhofer, Senior Researcher und Experte für Daten- und Algorithmenregulierung.
Die sozial-ökologische Perspektive einbringen
Positiv zu bewerten ist, dass der Parlamentsentwurf eine große Entwicklungsoffenheit vorsieht, so die Analyse. Beispielsweise kann der Anwendungsbereich auch nach Verabschiedung der Verordnung ausgeweitet und so auf neue Erkenntnisse zu Umweltrisiken reagiert werden. Damit die Verordnung sich weiterentwickeln und sich zum Beispiel besser an Nachhaltigkeitsanforderungen anpassen kann, sollte die Verordnung die Perspektiven aus der Umweltwissenschaft und Zivilgesellschaft stärker berücksichtigen, so Gailhofer.