Hauptnavigation
Neue Erkenntnisse zur Umweltanpassung von Pflanzen
In der Arbeitsgruppe Physiologie und Biochemie der Pflanzen an der Universität Konstanz wurden bislang unbekannte molekulare Mechanismen entdeckt, mit denen sich Pflanzen an ihre Umwelt anpassen – Wichtiges Grundlagenwissen in Zeiten der Klimaveränderung.
Pflanzen sind ständigen Umweltveränderungen ausgesetzt, ihr Überleben hängt davon ab, Umweltreize wahrzunehmen und sich an sie anzupassen. Eiweißmoleküle in der Zellmembran spielen bei der Koordination extrazellulärer Signale und intrazellulärer Reaktionen eine entscheidende Rolle. In der Arbeitsgruppe Physiologie und Biochemie der Pflanzen der Universität Konstanz ist es gelungen, erstmals zwei sogenannte deubiquitinierende Enzyme zu identifizieren, die am molekularen Mechanismus dieses Anpassungsprozesses beteiligt sind. Die Studie ist aktuell in Nature Communications veröffentlicht.
Menge der Eiweißmoleküle ist entscheidend
Die Zelle muss bei ihrem Anpassungsprozess jederzeit beispielsweise wissen, wie es mit den Nährstoffen oder mit Pathogenen in ihrer Umwelt aussieht. Dafür gibt es an der Zellmembran, die das Zellinnere von der Außenwelt trennt, spezielle Eiweißmoleküle, die sogenannten Transporter und Rezeptoren, die in der Zelle einerseits produziert und andererseits wieder abgebaut werden. Deren Menge ist entscheidend für die Signalwahrnehmung der Pflanze.
Für den Abbau ist das kleine Signalprotein Ubiquitin zuständig, das sich an andere Proteine anheftet und damit dafür sorgt, dass diese abgebaut werden. Gleichzeitig gibt es deubiqitinierende Enzyme, die diese Wirkung umkehren können, indem sie Ubiquitine entfernen.
Das Team der Biologie-Professorin Erika Isono hat 18 dieser deubiquitinierenden Enzyme in der Modellpflanze Arabidopsis thaliana analysiert. In Kooperation mit Karin Hauser, Michael Kovermann und Christine Peter vom Fachbereich Chemie hat das Team zwei dieser Enzyme gefunden, die, bezeichnet als OTU11 und OTU12, an der Zellmembran vorkommen und tatsächlich an der Mengenregulation der Zellmembran-Proteine beteiligt sind. „OTU11 und OTU12 können bestimmte Ubiquitin-Ketten kürzen. Das beeinflusst den Abbau der modifizierten Proteine“, erklärt die Erstautorin Karin Vogel den biochemischen Mechanismus. Die Biologin hat außerdem herausgefunden, wie die Enzyme aktiviert werden: indem sie an negativ geladene Lipide an der Zellmembran binden.
Bisher unbekannte Form der Aktivitätsanpassung
Das bedeutet, dass die Aktivität dieser Enzyme einer strengen Kontrolle unterliegt. Es sind bereits mehrere Aktivierungsmechanismen für deubiquitinierende Enzyme bekannt. Bei dem hier berichteten Mechanismus handelt es sich um eine bisher unbekannte Form der Aktivitätsanpassung. Notwendig ist diese Regulation umso mehr, als die Wirkung von deubiquitinierende Enzyme große Konsequenzen für die Funktion der Zelle haben kann. „Die Entdeckung bedeutet, dass die deubiquitinierenden Enzyme erst aktiv werden, wenn sie an der Membran angekommen sind, wo sich die Lipide befinden. Das passt hervorragend zur intrazellulären Lokalisation und der Funktion der beiden Enzyme“, sagt Erika Isono.
Modellpflanzen werden in der biologischen Grundlagenforschung genutzt, um fundamentale biochemische und molekularbiologische Mechanismen zu untersuchen. Langzeitziel ist, landwirtschaftliche Erträge zu optimieren, was in Zeiten der Klimaveränderung besondere Bedeutung hat, da sich die Wachstumsbedingungen für Pflanzen ändern können. Erika Isono: „Es ist wichtig, dass wir auf der molekularen Ebene verstehen, wie Pflanzen auf die Umwelt reagieren. Der Ubiquitin-abhängige Signalweg könnte dabei eine wichtige Rolle spielen“.