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Variolytics erhält siebenstellige Seed-Finanzierung für klimaneutrale Kläranlagen
Die knapp 10.000 kommunalen Kläranlagen in Deutschland verbrauchen jährlich etwa 4.400 Gigawattstunden (GWh) Strom und gehören damit zu den elektrischen Großverbrauchern. Das entspricht etwa dem Strombedarf von 900.000 Vier-Personen-Haushalten. Hinzu kommen die Treibhausgase Lachgas und Methan, die im Prozess der Abwasserbehandlung entstehen und maßgeblich zu den Emissionen einer Kläranlage beitragen. Jüngste Schätzungen gehen davon aus, dass Kläranlagen weltweit etwa so viele Treibhausgase emittieren wie die globale Luftfahrtindustrie. Es gibt jedoch gute Nachrichten für diesen Sektor. Das Stuttgarter Technologie-Unternehmen Variolytics kann mit ihrem neuen „Emission Control“-System bis zu 50% der gesamten Emissionen von Kläranlagen einsparen. Mehr noch: Durch eine KI-basierte Steuerung wird der Abwasserprozess dynamisch gesteuert und reduziert nicht nur Treibhausgase, sondern auch den Energie- und Chemikalienverbrauch.
Für die biologische Abwasserreinigung im Belebtschlammverfahren werden Becken mit Sauerstoff begast. Erhalten die Bakterien im Becken zu wenig Sauerstoff, können sie die gelösten organischen Verunreinigungen nicht optimal abbauen. Ein Zuviel an Begasung führt jedoch nicht zu einem besseren Abbau, sondern nur zu höheren Energiekosten für die Kläranlagenbetreiber. Erschwerend kommt hinzu, dass sowohl bei einem „Zuwenig“ als auch bei „Zuviel“ Begasung Lachgas entsteht. Lachgas ist besonders Treibhausaktiv, nämlich 273-mal mehr im Vergleich zu CO2. Eine wesentliche Aufgabe besteht also darin die „Goldene Mitte“ für die Begasung zu finden und die Bildung des, auch als Distickstoffmonoxid bezeichneten, Gases zu vermeiden. Die patentierte Messtechnik von Variolytics überwacht in der Kläranlage die Entstehung der klimaschädlichen Gase in den Belebungsbecken und hilft, diese zu reduzieren. Dazu wird auf Basis der Messwerte die Begasung, aber auch andere „Stellschrauben“, der Belebungsbecken über eine intelligente Steuerung umgehend für einen optimalen mikrobiellen Abbau der Organik angepasst.
Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. In Deutschland trat das Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 in Kraft (BGBl.IS.2513), das bis 2030 eine Verringerung der Treibhausgasemissionen, um insgesamt 55 % im Vergleich zu 1990 vorsieht. Die Abwasserbehandlung ist dem Sektor Abfallwirtschaft und Sonstiges zugeordnet und muss seine Emissionen bis 2030 auf 5 Millionen t CO2-Äquivalente senken. Variolytics bietet mit seiner Technologie einen effektiven Weg zur Erreichung dieser Ziele.
Das Seed-Investment durch den HTGF, FTTF und Business Angels bedeutet für Variolytics einen großen Schritt in Richtung Skalierung. Im nächsten Jahr plant Variolytics einen Ausbau seiner Produktion und starkes Wachstum im europäischen Markt. Von aktuell 9 Mitarbeitenden möchte das Team in den kommenden Monaten auf 12 wachsen. Einen besonderen Fokus will das Start-Up dabei auf Produktion, Service/Wartung und den Vertrieb legen.
Über Variolytics
Variolytics ist ein Stuttgarter Technologie-Unternehmen, das sich auf Messtechnik und Prozessoptimierung fokussiert. Dr. Matthias Stier (CEO), Johann Barlach (CFO) und Steffen Goerner (CTO) haben die Firma im März 2020 mit dem Ziel gegründet, durch innovative Messtechnik das Unsichtbare sichtbar zu machen und so einen Beitrag zu einer nachhaltigen Gesellschaft zu leisten. Eingesetzt wird die Technologie an Kläranlagen, um Treibhausgase im Abwasserreinigungsprozess zu überwachen und Handlungsempfehlung zur Vermeidung bereitzustellen.
Über Jörg Gebhardt
Der Kölner Physiker Dr. Jörg Gebhardt blickt auf eine mehr als 30-jährige Berufslaufbahn zurück. Seine ersten Erfahrungen mit KI sammelte er zu Beginn der 90er Jahre im Rahmen der Fuzzy-Welle, die zu diesem Zeitpunkt über ganz Europa schwappte. 2005 gründete er die Firma aquatune, welche Optimierungssysteme für die Wasser- und Abwasserbranche auf der Basis von Künstlichen Neuronalen Netzen und Genetischen Optimierern entwickelt. Nach mehr als 40 erfolgreich implementierten Projekten verkaufte er die aquatune GmbH an das amerikanische Unternehmen Xylem, für welches er in der Folge noch 3 Jahre als Geschäftsführer tätig war. Inzwischen ist er wieder selbständig als Berater für KI-Anwendungen. Im Jahr 2021 hat er als Business Angel in das Startup-Unternehmen Variolytics investiert und begleitet die Geschäftsentwicklung aktiv mittels Beratung und Training.
Über den FTTF – Fraunhofer Technologie-Transfer Fonds (FTTF) GmbH
Der FTTF finanziert Start-Ups die Fraunhofer Technologie nutzen. Als starker unternehmerischer Partner werden in der Pre-Seed-Phase bis zu 250 TEUR und in weiteren Finanzierungsrunden bis zu 5 MEUR investiert. Darüber hinaus unterstützt der Fonds mit umfassender Gründungserfahrung und einem breiten Investorennetzwerk. Der Fonds hat ein Volumen von 60 MEUR, bereits über 30 Portfolio-Unternehmen und wird von der Fraunhofer-Gesellschaft und dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) unterstützt.
Über den High-Tech Gründerfonds
Der Seedinvestor High-Tech Gründerfonds (HTGF) finanziert Technologie-Start-ups mit Wachstumspotential und hat seit 2005 mehr als 680 Start-ups begleitet. Mit dem Start des vierten Fonds hat der HTGF über 1,3 Milliarden Euro under Management. Das Team aus erfahrenen Investment Managern und Start-up-Experten unterstützt die jungen Unternehmen mit Know-how, Unternehmergeist und Leidenschaft. Der Fokus liegt auf High-Tech Gründungen aus den Bereichen Digital Tech, Industrial-Tech, Life Sciences, Chemie und angrenzende Geschäftsfelder. Mehr als 4 Milliarden Euro Kapital investierten externe Investoren bislang in mehr als 1.900 Folgefinanzierungsrunden in das HTGF-Portfolio. Außerdem hat der Fonds bereits Anteile an mehr als 160 Unternehmen erfolgreich verkauft.
Zu den Fondinvestoren der Public-Private-Partnership zählen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die KfW Capital, die Fraunhofer-Gesellschaft sowie über 40 Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen.